Archiv für Systematische
Philosophie
Lebenslauf
Kurzdarstellung
Werke Literaturhinweise
Bruno Bauch
Lebenslauf
Geboren am 19. Januar 1877 in
Groß-Nossen (Schlesien)
Studien in Freiburg/Bg., Straßburg und Heidelberg
1901 Promotion in Freiburg/Bg. bei H. Rickert
1903 bis 1916 Mitherausgeber der Kant-Studien
1903 Habilitation in Halle
1910 Tit. Prof. in Halle
Seit 1911Ordentlicher Professor in Jena
1917 Mitbegründer der Deutschen Philosophischen Gesellschaft
und
der Beiträge zur Philosophie des Deutschen Idealismus
(ab 1927:
Blätter
für Deutsche Philosophie)
Seit 1934 Vorsitzender der Deutschen Philosophischen
Gesellschaft
Gestorben am 27. Februar 1942 in Jena
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Werke Literaturhinweise
Kurzdarstellung
Bruno Bauchs
„Objektivismus, ... seine
ausgeprägten mathematisch-naturwissenschaftlichen Interessen
und sein
Verständnis für den Eigenwert der biologischen
Forschung, legen
es nahe ihn als Vertreter eines
realistischen Kritizismus
in eine
Reihe mit Riehl, Liebmann und
Hönigswald
zu stellen, sofern man seine Philosophie nicht überhaupt als
„Lotzeschen
Idealismus“ (F. Kuntze) zu einer eigenen Richtung des
Neukantianismus erklären
will. Denn nach Kant hat unstreitig Hermann Lotze den
größten
Einfluß auf Bruno Bauch. Da sich der Wertkritizismus auf
Lotzes Unterscheidung
von Sein und Geltung gründet, scheint dies zunächst
nicht gegen,
sondern für die Zugehörigkeit Bauchs zur
Windelband-Rickert Schule
zu sprechen. Es hieße freilich den Gedankenreichtum und die
Problemorientiertheit
der Lotzeschen Fortbildung des „spekulativen
Theismus“ verkennen, wollte
man meinen, er habe in der für seine Schüler und
Enkelschüler
so zentralen Unterscheidung von Sein und Geltung nicht zugleich das
ungelöste
Problem einer systematischen Grundlegung des Apriorismus
erblickt
oder dabei an eine strikte Unterscheidung von immanenter Wirklichkeit
und
unwirklichem (transzendentem) Wert im Rickertschen Sinne gedacht. Und
wenn
schließlich Lotze im Sinne der für ihn
charakteristischen Verbindung
zwischen den Ansprüchen naturwissenschaftlicher Methodik und
den Bedürfnissen
seines ‚spekulativen Theismus‘ für eine
„regressive Interpretation“
der Welt optiert, „die den nach und nach erkannten
Zusammenhang des Gegebenen
auf seine unaussprechliche Quelle zurückzudeuten
versucht“ (Lotze
[1879], S. 179f.), so ist es genau dieser „teleologische
Idealismus“, den
Bauch in den Dienst der Kantinterpretation und der Weiterbildung der
kritischen
Systematik stellt.
Bruno Bauch bleibt daher ebenfalls nicht bei der
Unterscheidung
von Sein und Geltung stehen, die bei Rickert in die Trennung von
immanenter
Wirklichkeit und unwirklichem (transzendentem) Wert mündet,
sondern
er versucht gerade im Anschluß an Lotze - im speziellen im
Anschluß
an seine Lehre vom funktionalen Charakter des Begriffs und vom Sein als
„Stehen in Beziehungen“ - den Zusammenhang von
„Wahrheit, Wert und Wirklichkeit“
zu bestimmen. Damit aber gewinnen der Wirklichkeits- und der
Geltungsbegriff
bei Bauch eine ganz andere Bedeutung als bei Rickert oder Lask: kann
doch
unter diesen gewissermaßen Leibnizianischen Voraussetzungen
Wirklichkeit
nicht länger ein Geltungsfremdes und Geltung ein Unwirkliches
bedeuten.
Damit bewegen wir uns [...] im Umkreis jenes realistischen Kritizismus,
den wir durch Liebmann, Riehl und Hönigswald vertreten sehen.
Denn
nicht von ungefähr sehen wir uns, wann immer bei Kant oder in
der
nachkantischen Philosophie das Realismusproblem zu
‚kritischer‘ Erörterung
steht, auch in jenen physiko-theologischen Gedankenkreis versetzt, der
in Leibnizens Philosophie seine klassische Ausprägung
erfährt.
Denn die ontologischen Momente oder vielmehr Problemstellungen
innerhalb
der Kritischen Philosophie: das
Affinitätsproblem
in seinen
beiden Ausprägungen als
Affektionsproblem
im Zusammenhang mit
der Lehre vom inneren Sinn und als Problem des
Naturzwecks
im Rahmen
der Teleologie der Urteilskraft, verweisen eben gleichsam von selbst
auf
den in Leibnizens Lehre von der „relatio“ als
„fundamentum veritatis“ gesetzten
Problemzusammenhang von Monadologie und Theodizee. Und sie verweisen
darauf
um so mehr, je weniger das Verhältnis von Sinnlichkeit und
Verstand
- sei es durch ihre transzendentale „Vergleichung“
(Amphibolie der Reflexionsbegriffe),
sei es durch den Zusammenhang zwischen dem Verstandesbegriff und der
Form
des inneren Sinnes (Schematismus) oder durch die fiktionalistische
Vereinbarung
von Mechanismus und Teleologie (teleologische Urteilskraft) - in
letzter
methodischer Bestimmtheit geklärt und somit die kritizistische
Überwindung
von Empirismus und Rationalismus gesichert erscheint.
Hat man sich diese problemgeschichtlichen
Zusammenhänge
einmal im Umriß verdeutlicht, dann ist es nicht weiter
verwunderlich,
daß Bauch im Ausgang von Kants „Teleologie der
Urteilskraft“ und
von Lotzes „teleologischem Idealismus“ zu einer dem
realistischen Kritizismus
entsprechenden Auffassung des Wirklichkeits- und Geltungsbegriffs
gelangt,
mit der er sich geradezu in diametralen Gegensatz zum Wertkritizismus
Windelbandscher,
Rickertscher und Laskscher Prägung setzt. Denn nicht nur
bezieht sich
Bauch immer wieder auf Liebmanns „objektive
Weltlogik“ oder „Logik der
Thatsachen“, sondern er beruft sich, nachdem er im
Anschluß an „Leibniz
zwei Bedeutungen der ‚Wirklichkeit’ [...], die
Wirklichkeit gültiger
Relation oder die Objektivität und die Wirklichkeit
tatsächlicher
Existenz“ (
Wahrheit und
Richtigkeit, S. 47) unterschieden
hat, ausdrücklich auf Hönigswalds objektivistischen
Geltungsbegriff,
wenn er die „von allem subjektiv tatsächlichen
Denken unabhängige
und rein für sich objektiv gültige
Wahrheit“ von der subjektiven
„Richtigkeit“ bzw. die objektive
„Geltung“ von der subjektiven
„Gültigkeit
im tatsächlichen Urteilen“ unterscheidet:
„Freilich müssen in
letzter Linie und unter den höchsten Gesichtspunkten auch Sein
und
Wirklichkeit als Funktionen der Geltung erkannt werden, damit sie, wie
Hönigswald zeigt, ‚der Gefahr verneint zu werden
endgültig entrückt
sind‘. Nur einem äußerst unkritischen
Denken können sie
darum durch Einbeziehung in die Geltungssphäre gerade solcher
Gefahr
oder dem Verdacht der Auflösung in bloßen Schein
überantwortet
erscheinen. ‚Denn Geltung‘, so führt
Hönigswald treffend aus,
‚kann schlechterdings nicht verneint werden, so
gewiß alle Verneinung
sich gegen Geltung richtet und, um möglich zu sein, selbst
Geltung
fordert.‘ [...] solche Einbeziehung von Sein und
Wirklichkeit in
die Sphäre der Geltung [...] macht aus der
Wirklichkeit
der Geltung
allein die
Geltung der Wirklichkeit begreiflich, da
in der Wirklichkeit
eine Geltung der Wirklichkeit im Sinne der
Wertgeltung
nicht bestehen
könnte, wenn nicht die Wirklichkeit überhaupt in der
Geltung
bestünde, also
Geltungswert
hätte; und weil überhaupt
in der Wirklichkeit nichts begreiflich wäre, wenn nicht die
Geltungsform
des Begriffs überhaupt schon den Begriff der Wirklichkeit
bestimmte,
wenn nicht schon, wie Lotze sagt, ‚im Begriff das eigene
Leben der Wirklichkeit‘
läge und, wie wir hinzufügen können, wenn
nicht auch seinerseits
in der Wirklichkeit ein Leben des Begriffs läge.“ (
a.a.O.,
S. 54ff.; vgl.
Wahrheit, Wert und
Wirklichkeit, S. 128f.;
Die
Idee, S. 120).“
aus: Kurt Walter Zeidler, Kritische
Dialektik
und Transzendentalontologie, S. 175ff.
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Werke Literaturhinweise
Auswahlbibliographie
Glückseligkeit und
Persönlichkeit in der kritischen Ethik
(Phil.Diss.
Freiburg/Bg.), Stuttgart 1902
Luther und Kant, Berlin 1904
Ethik, in: Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts, FS für
Kuno Fischer, Heidelberg 1904.
Schiller und seine Kunst in erzieherischer Bedeutung für
unsere
Zeit, Langensalza 1905, 21924
Erfahrung und Geometrie in ihrem erkenntnistheoretischen
Verhältnis,
in: Kant-Studien 12/1907 (überarb. Fassung in Studien zur
Philosophie
der exakten Wissenschaften, 1911).
Neuere Philosophie bis Kant (Sammlung
Göschen, Geschichte
der Philosophie IV), Leipzig 1908, Berlin-Leipzig 21916,
31919
Das Substanzproblem in der griechischen Philosophie
bis zur Blütezeit,
Heidelberg 1910
Kritizismus und Naturphilosophie bei Otto Liebmann, in: Kant-Studien
15/1910 (überarb. Fassung in Studien zur Philosophie der
exakten Wissenschaften,
1911).
Immanuel Kant (Sammlung Göschen,
Geschichte der Philosophie
V), Leipzig 1911, Berlin-Leipzig 21916, 31920.
Studien zur Philosophie der exakten Wissenschaften,
Heidelberg
1911
Immanuel Kant und sein Verhältnis zur Naturwissenschaft, in:
Kant-Studien
17/1912.
Otto Liebmann, Anhang zu: O. Liebmann, Kant und die Epigonen, Berlin
21912.
Über den Begriff des Naturgesetzes, in: Kant-Studien
19/1914.
Die Diskussion eines modernen Problems in der antiken Philosophie,
in: Logos V/1914.
Idealismus und Realismus in der Sphäre des philosophischen
Kritizismus,
in: Kant-Studien 20/1915.
Der Krieg und der Kampf ums Dasein, in: Preußische
Jahrbücher
1915.
Vom Begriff der Nation, Berlin 1916 (und in: Kant-Studien
21/1917).
Immanuel Kant, Berlin-Leipzig 1917, 31923
Fichte und der deutsche Gedanke, Hamburg 1917, 21918.
Unser philosophisches Interesse an Luther, in: Zeitschrift für
Philosophie und philosophische Kritik 164/1917.
Lotzes Logik und ihre Bedeutung im deutschen Idealismus, in:
Beiträge
zur Philosophie des Deutschen Idealismus 1, 2/1918.
Wahrheit
und Richtigkeit,
in: FS Joh. Volkelt zum 70. Geburtstag, München
1918.
Anfangsgründe der Philosophie, Gotha 1920
Fichte und unsere Zeit, Erfurt 1920, 21921
Ethik, in: P. Henneberg (Hrsg.), Systematische Philosophie, Leipzig
31921,
41923.
Persönlichkeit und Gemeinschaft, in: Beiträge zur
Philosophie
des Deutschen Idealismus 2, 2/1921.
Jena und die Philosophie des deutschen Idealismus, Jena 1922
Wahrheit, Wert und Wirklichkeit,
Leipzig 1923
Das transzendentale Subjekt, in Logos XII/1923.
Das Naturgesetz, Leipzig 1924.
Kuno Fischer, Jena 1924.
Immanuel Kant und die philosophische Aufgabe der Gegenwart, in:
Beiträge
zur Philosophie des Deutschen Idealismus 3, 2/1924.
Fichte und der deutsche Staatsgedanke, Langensalza 1925.
Das Problem der Religionsphilosophie im System des transzendentalen
Idealismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche
6/1925.
Die Idee, Leipzig
1926
Der Geist von Potsdam und der Geist von Weimar, Jena 1926.
Logos und Psyche, in: Logos XV/1926.
Philosophie des Lebens und Philosophie der Werte, Langensalza
1927.
Goethe und die Philosophie, Tübingen 1928.
Zur Phänomenologie des sittlichen Bewußtseins, in:
Logos
XVII/1928.
Über Geist und Sinn des philosophischen Idealismus, in:
Blätter
für Deutsche Philosophie 2/1928.
(Selbstdarstellung), in: R. Schmidt (Hrsg.), Die Philosophie der
Gegenwart
in Selbstdarstellungen, Bd. 7, Leipzig 1929.
Nationale Freiheit, 1931.
(Selbstdarstellung), in: H. Schwarz (Hrsg.), Deutsche Systematische
Philosophie nach ihren Gestaltern, Bd. 1, Berlin 1931.
Goethes geistige Gestalt, in: Logos XXII/1933.
Wert und Zweck, in: Blätter für Deutsche Philosophie
8/1934.
Grundzüge der Ethik, Stuttgart 1935
(ND Darmstadt 1965)
Zum Problem der Kausalität, in: Blätter für
Deutsche
Philosophie 9/1935.
Idee und Erscheinung, in: Zeitschrift für Deutsche
Kulturphilosophie
(Neue Folge des Logos) 1/1935.
Natur und Geist, in: Zeitschrift für Deutsche
Kulturphilosophie
(Neue Folge des Logos) 4/1938.
Erbanlage, Erziehung und Geschichte, in: Blätter für
Deutsche
Philosophie 15/1941.
Artikel Bruno Bauch, in: Ziegenfuß-Jung (Hrsg.),
Philosophenlexikon,
Berlin 1949.
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Literaturhinweise
W. Flach,
Bruno Bauch, in: W. Flach u. H.
Holzhey (Hrsg.), Erkenntnistheorie und Logik im Neukantianismus,
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---, Das Problem der Transzendentalen Deduktion: seine Exposition in
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Kant-Kongresses, Teil I,2, Bonn 1981. Wiederabdruck in: H.L. Ollig
(Hrsg.),
Materialien zur Neukantianismus-Diskussion, Darmstadt 1987.
M. A. González-Porta, Transzendentaler
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ihre
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York-Paris 1990.
R. Hönigswald,
Vom Problem der
Idee, in: Logos XV/1926.
E. Keller, Bruno Bauch als Philosoph des
vaterländischen Gedankens,
Langensalza 1928.
---, Das Problem des Irrationalen im wertphilosophischen Idealismus
der Gegenwart, Berlin 1931.
---, Die Philosophie Bruno Bauchs als Ausdruck germanischer
Geisteshaltung,
Stuttgart 1935.
--- , Zusammenfassender Bericht über B. Bauchs
unveröffentlichtes
Nachlaßwerk 'Natur und Geist', in: Wirklichkeit und Wahrheit
2/1965.
--- , Das Wertproblem im Lichte der modernen Transzendentalphilosophie,
in: Wirklichkeit und Wahrheit 5/1968.
H. Levy, Die Hegel-Renaissance in der deutschen
Philosophie mit besonderer
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1927.
H. Oberer, Transzendentalsphäre und konkrete
Subjektivität,
in: Zeitschrift für philosophische Forschung 23/1969.
Wiederabdruck
in: H. L. Ollig (Hrsg.), Materialien zur Neukantianismus-Diskussion,
Darmstadt
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H. L. Ollig, Die Religionsphilosophie der
Südwestdeutschen Schule,
in: Ders. (Hrsg.), Materialien zur Neukantianismus-Diskussion,
Darmstadt
1987.
S. Marck, Die Dialektik in der Philosophie der
Gegenwart, 2. Hbd., Tübingen
1931.
O. Palm, Wert und Wirklichkeit. Eine kritische Studie
zu Bruno Bauchs
Wertphilosophie, Bonn (Phil. Diss.) 1952.
W. Ritzel, Studien zum Wandel der Kantauffassung. Die
Kritik der reinen
Vernunft nach Alois Riehl, Hermann Cohen, Max Wundt und Bruno Bauch,
Meisenheim/Glan
1952.
J. Strasser, Die Bedeutung des hypothetischen
Imperativs in der Ethik
Bruno Bauchs, Bonn 1967.
A. v. Varga, Bruno Bauch, in: Neue Deutsche
Bibliographie, Bd. 1, 1953.
K. W. Zeidler,
Bruno Bauchs Frege-Rezeption,
in: E. W. Orth, H. Holzhey (Hrsg.), Neukantianismus. Perspektiven und
Probleme,
Würzburg 1994. E-Text
---, Kritische Dialektik und
Transzendentalontologie,
Der Ausgang des Neukantianismus und die post-neukantianische Systematik
R. Hönigswalds, W. Cramers, B. Bauchs, H. Wagners, R.
Reiningers und
E. Heintels (Studien zum System der Philos. Beiheft 1), Bonn
1995.
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