Selbstdarstellung
Forschungs-Schwerpunkte
am Lehrstuhl für Philosophie und Wissenschaftstheorie
Zusätzlich zu den im Folgenden aufgeführten Haupt-Forschungsrichtungen
sind auch Philosophie der Logik (Schwerpunkte: Antinomienproblem,
Gödels Unvollständigkeitsproblem formaler Systeme), Technikphilosophie
(Schwerpunkte: Systemtheorie, Informationsgesellschaft, Technikethik)
sowie Ästhetik (Schwerpunkte: Kant, Hegel, Adorno) Thema
der Forschungs- und Lehrtätigkeit.
(1) Dialektik – Schwerpunkte: Dialektische Logik als Rekonstruktion
einer Fundamentallogik (i. S. ‚letztbegründeter‘ logischer Grundstrukturen),
Realdialektik
Dieser Schwerpunkt steht in unmittelbarem Bezug zu der aktuellen Letztbegründungsdiskussion.
In deren Verlauf hat sich gezeigt, dass als letztbegründbar nur die
Logik gelten kann – freilich nicht irgendeine der vielen ‚Logiken‘, die
als formale Konstrukte stets konventionelle Elemente enthalten. Als letztbegründbar
ist vielmehr nur eine Logik ausweisbar, die, als System der fundamentalen
Sinn- und Geltungsbedingungen von Argumentation (z.B. das Prinzip des zu
vermeidenden Widerspruchs), so etwas wie eine Fundamentallogik repräsentiert,
die für alles Argumentieren immer schon vorausgesetzt ist (und aus
eben diesem Grund letztbegründbar ist). Es stellt sich die Frage nach
der Struktur dieser Fundamentallogik. Deren systematische Explikation führt
nun, wie sich zeigen läßt, auf dialektische Argumentationsformen
vom Typ der Hegelschen Dialektik. Dialektik ist danach wesentlich als Letztbegründung
der Fundamentallogik zu verstehen. Eine Theorie der Dialektik, mit der
sich die Stringenz dialektischer Argumentation überprüfen läßt,
ist allerdings bis heute nicht verfügbar. Die Ausarbeitung einer solchen
Dialektiktheorie bildet hier einen der Forschungsschwerpunkte. – In diesem
Zusammenhang wird ferner der Frage nachgegangen, inwieweit auch reale (Natur-
und Kultur-)Prozesse oder möglicherweise deren kategoriale Strukturen
dialektischen Charakter zeigen.
(2) Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsphilosophie
i. S. einer Grundlagenreflexion der Naturwissenschaften – Schwerpunkte:
Grundlagen
der Naturwissenschaften, Problem des Naturgesetzes, philosophische Probleme
der Physik, der Biowissenschaften und Systemtheorie
Die wissenschaftstheoretische Forschung am Lehrstuhl gilt nicht primär
der formal-analytischen Methodologie der Wissenschaften, sondern einer
Form von Wissenschaftsphilosophie im Sinn einer Grundlagenreflexion
auf transzendentale und (recht verstanden auch) ontologische Voraussetzungen
und Prinzipien der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften.
So beruht die Möglichkeit von Naturwissenschaft etwa auf der logischen
Fassbarkeit und, unter bestimmten Bedingungen, Quantifizierbarkeit der
Natur, ihrer Gesetzmäßigkeit etc. Gegenstand philosophischer
Deutung sind ferner inhaltliche Forschungsresultate der Physik (zB. der
Relativitätstheorie), der Biologie (zB. das Evolutionsmodell) und
Systemtheorie (zB. der Emergenzbegriff). Wissenschaftsphilosophische Überlegungen
dieser Art verweisen damit schon auf naturphilosophische Fragestellungen.
(3) Naturphilosophie – Schwerpunkte: Naturbegriff, Evolutionslogik,
Emergenzproblem, Verhältnis von Natur und Geist
Angeknüpft wird hier an die Naturphilosophie Hegels, die sich
– einem alten Vorurteil zum Trotz – in zentralen Punkten als erstaunlich
aktuell erweist. Gegen-über dem obsoleten Cartesianischen Naturbegriff
bietet Hegels objektiv-idealisti-sches Naturkonzept eine vielversprechende
Alternative: Es gibt danach gute Argu-mente dafür, daß auch
der Natur Logik zugrunde liegt; daß sich daraus ihre Gesetzmäßigkeit
erklärt; daß sie somit nicht in ihrer Faktizität aufgeht,
sondern Möglichkeit enthält, die etwa in der Evolution zur Erscheinung
kommt, bis hin zu Formen des Seeli-schen und Geistigen. Von daher stellen
sich naturphilosophische Fragen, die heute zudem besondere Dringlichkeit
gewonnen haben: das Verhältnis von belebter und unbelebter Materie
betreffend, zu Richtung und Ziel der Evolution, zur Emergenz von Psychischem
und schließlich – auch in ökologischer Perspektive – zum Verhältnis
von Natur und Geist.
(4) Leib-Seele-Problem und das Projekt Künstlicher Intelligenz
– Schwerpunkte: Systemtheoretische Untersuchungen zur Emergenz von
Psychischem, philosophische Probleme künstlicher Intelligenz, Chancen
und Risiken der Informationstechnologie
Grundsätzlich gesehen handelt es sich hierbei um Probleme, die
im weitesten Sinn technikphilosophischen Charakter haben: Angesichts der
sich beständig beschleunigenden technischen Entwicklung stellt sich
nicht nur die Frage ihrer gesellschaftlich-ethischen Bewertung, sondern
auch die, wie weit die Möglichkeiten menschlicher Technik grundsätzlich
reichen, konkreter: Inwieweit ist letztlich auch die technische Rekonstruktion
psychischer und geistiger Phänomene denkbar? Damit ist zum einen die
aktuelle Diskussion bezüglich des Leib-Seele-Problems, zum andern
bezüglich des Projekts Künstlicher Intelligenz aufgenommen. Die
laufenden Forschungsarbeiten hierzu sind systemtheoretisch, evolutionstheoretisch,
semantisch und auch gesellschaftskritisch orientiert.
(5) Deutscher Idealismus – Schwerpunkt: Hegel.
Die vorgenannten Forschungsaktivitäten suchen in systematischer
(nicht historisch-philologischer) Hinsicht Anknüpfung an Hegels philosophischen
Entwurf eines ‚objektiven Idealismus‘, der die Fundamentallogik (vgl. (1))
als unhintergehbare Grundlage begreift
Lebenslauf Selbstdarstellung
Werke Literaturhinweise
Auswahlbibliographie
Bücher
Formale Sprache und Erfahrung. Carnap als Modellfall, Stuttgart-Bad
Cannstatt (Frommann-Holzboog) 1975, 147 S.
Raum, Zeit, Relativität. Grundbestimmungen der Physik in der
Perspektive der Hegelschen Naturphilosophie, Frankfurt/M. (Klostermann)
1982, 232 S.
Grundzüge einer Theorie der Dialektik. Rekonstruktion
und Revision dialektischer Kategorienentwicklung in Hegels „Wissenschaft
der Logik“, Stuttgart (Klett-Cotta) 1995, 231 S.
Das Problem der Dialektik (Studien
zum System der Philosophie, Bd. 3), hg. von Dieter Wandschneider, Bonn
(Bouvier) 1997, 169 S.
Artikel
Zum Antinomienproblem der Logik, in: RATIO, Bd. 16 (1974), 74–91 (deutsche
Ausgabe), 82–102 (engl. Ausgabe)
Zur Eliminierung des Gödelschen Unvollständigkeitsproblems
im Zusammenhang mit dem Antinomienproblem, in: Zeitschrift für allgemeine
Wissenschaftstheorie, Bd. VI (1975), 65–81
Räumliche Extension und das Problem der Dreidimensionalität
in Hegels Theorie des Raumes, in: Hegel-Studien, Bd. 10 (1975), 255–273
Reflexive Unbeweisbarkeitsaussagen. Anmerkungen zur Grundsatzdiskussion
um Gödels Unvollständigkeitsproblem, in: Zeitschrift für
allgemeine Wissenschaftstheorie, Bd. VII (1976), 133–140
Der Begriff praktischer Vernunft in objektivistischer, formalistischer
und kognitivistischer Verkürzung, in: Zeitschrift für philosophische
Forschung, Bd. 31 (1977), 85–99
Formalität und Wahrheit, in: G. Simon, E. Straßner (ed.),
Sprechen – Denken – Praxis, Weinheim, Basel 1979, 257–269
Selbstbewußtsein als sich selbst erfüllender Entwurf, in:
Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd. 33 (1979), 499–520
Die Entäußerung der Idee zur Natur und ihre zeitliche Entfaltung
als Geist bei Hegel (zus. mit V. Hösle),
in: Hegel-Studien, Bd. 18 (1983), 173–199
Ethik zwischen Genetik und Metaphysik, in: UNIVERSITAS, Jahrgang 38
(1983), 1139–1149
Notwendigkeit. Zum Notwendigkeitsbegriff in der Neuzeit. Beitrag zum
‚Historischen Wörterbuch der Philosophie‘, hg. von J. Ritter und K.
Gründer, Bd. 6, Basel, Stuttgart 1984, 971–984
Spazio, tempo e relatività nella prospettiva della filo-so-fia
della natura di Hegel, in: Studi Filosofici, Bd. VII (1984), 221–236
Die Absolutheit des Logischen und das Sein der Natur. Systematische
Überlegungen zum absolut-idealistischen Ansatz Hegels, in: Zeitschrift
für philosophische Forschung, Bd. 39 (1985), 331–351
Die Möglichkeit von Wissenschaft. Ontologische Aspekte der Naturforschung,
in: Philosophia Naturalis, Bd. 22 (1985), 200–213
Die Inkonsistenz empiristischer Argumentation im Zusammenhang mit dem
Problem der Naturgesetzlichkeit, in: Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie,
Bd. XVII (1986), 131–142
Relative und absolute Bewegung in der Relativitätstheorie und in
der Deutung Hegels, in: R.-P. Horstmann/ M.J. Petry (ed.), Hegels Philosophie
der Natur, Stuttgart 1986, 350–362
Die Stellung der Natur im Gesamtentwurf der Hegelschen Philosophie,
in: M. J. Petry (ed.), Hegel und die Naturwissenschaften, Stuttgart 1987,
33–58 (Diskus-sion 58–64)
Die Kategorien ‚Materie‘ und ‚Licht‘ in der Naturphilosophie Hegels,
in: M. J. Petry (ed.), Hegel und die Naturwissenschaften, Stuttgart 1987,
293–311 (Diskussion 311–321)
Anfänge des Seelischen in der Natur in der Deutung der Hegelschen
Naturphilosophie und in systemtheoretischer Rekonstruktion, in: M. J. Petry
(ed.), Hegel und die Naturwissenschaften, Stuttgart 1987, 443–467 (Diskussion
467–475)
Die dialektische Notwendigkeit des Negativen und ihre ethische Relevanz,
in: Hegel-Jahrbuch 1987, 185–194
Kants Problem der Realisierungsbedingungen organischer Zweckmäßigkeit
und seine systemtheoretische Auflösung, in: Zeitschrift für allgemeine
Wissenschaftstheorie, Bd. XIX (1988), 86–102
Der Begriff der Materie im spekulativen Materialismus E. Blochs, in:
prima philosophia, Bd. 2 (1989), 3–20
Il problema dell'inizio del mondo in Kant e Hegel, in: U. Curi (ed.),
Kosmos. La cosmologia tra scienza e filosofia, Ferrara 1989, 55–65
Aspetti filosofici delle teorie della relatività speciale e della
relatività generale di Einstein, in: U. Curi (ed.), L'opera di Einstein,
Ferrara 1989, 123–137
Der überzeitliche Grund der Natur. Kants Zeit-Antinomie in Hegelscher
Perspektive, in: prima philosophia, Bd. 2 (1989), 381–390
Gründe und Gegengründe. Der Streit der Experten in ethischer
Perspektive, in: UNIVERSITAS, Bd. 10 (1989), 999–1008
Das Gutachtendilemma. Über das Unethische partikularer Wahrheit,
in: Gatzemeier, M. (ed.), Verantwortung in Wissenschaft und Technik, Mannheim
1989, 114–129
Prinzipientheoretisches zur Speziellen und zur Allgemeinen Relativitätstheorie,
in: prima philosophia, Bd. 3 (1990), 82–95
Die Gödeltheoreme und das Problem Künstlicher Intelligenz,
in: Ethik und Sozialwissenschaften, Bd. 1 (1990), 107–116
Gödelsche Selbstreferentialität und maschinelle Aspekte, in:
Ethik und Sozialwissenschaften, Bd. 1 (1990), 148–154, 159
Das Problem der Entäußerung der Idee zur Natur bei Hegel,
in: Hegel-Jahrbuch 1990, 25–33
Das Gutachtendilemma – Über das Unethische partikularer Wahrheit,
in: Lenk, H. (ed.): Wissenschaft und Ethik, Stuttgart 1991, 248–267 (Nachdruck
von 1989 g)
Naturphilosophisch querdenkend. Vorwort zu: R. Penrose, Computerdenken.
Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze
der Physik, Heidelberg 1991, XVII–XXI
Dialektik als antinomische Logik, in: Hegel-Jahrbuch 1991, 227–242
G.W.F. Hegel: Philosophie als strenge Wissenschaft
Philosophische Aspekte des Problems Künstlicher Intelligenz, in:
RWTH-Themen. Berichte aus der Rheinisch-Westfälischen Technischen
Hochschule Aachen, 1992, 72–73
Eine Metaphysik des Schwebens. Zum philosophischen Werk von Walter Schulz,
in: Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd. 46 (1992), 557–568
Nature and the Dialectic of Nature in Hegel's Objective Idealism, in:
Bulletin of the Hegel Society of Great Britain, Bd. 26 (1992), 30–51
Das Antinomienproblem und seine pragmatische Dimension, in: Stachowiak,
H. (ed.): PRAGMATIK, Bd. IV, Hamburg 1993, 320–352
Von der Unverzichtbarkeit einer systematischen Naturphilosophie, in:
Klein,
H.-D. (ed.): Systeme im Denken der Gegenwart,
Bonn 1993, 152–165
The Problem of Mass in Hegel, in: Petry, M. J. (ed.), Newton and Newto-nianism,
Kluwer Academic Publishers, Niederlande, 1993, 249–265
Neuer 'Ethikbedarf'. Technische Machbarkeit und Massentechnisierung
als philosophisch-ethisches Problem, in: Daecke, S. M./ Henning, K. (ed.),
Verantwortung in der Technik, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1993,
47–65
Letztbegründung und Logik, in: Klein,
H.-D (ed.), Letztbegründung als System?,
Bonn 1994, 84–103
G.W.F. Hegel – Philosophie als strenge Wissenschaft, in: Rehberg, K.-S./
Hausmann, F.-R. (ed.) Klassiker der Wissenschaften. Aachen 1995 (Neudruck),
183–208
Letztbegründung und Dialektik, in: R. Fornet-Betancourt (ed.),
Diskurs und Leidenschaft. Festschrift für Karl-Otto Apel zum 75. Geburtstag.
Aachen 1996, 317–336
Eine auch sich selbst mißverstehende Kritik: Über das Reflexionsdefizit
formaler Explikationen, in: Journal for General Philosophy of Science,
Bd. 27 (1996), S. 347–352
Zur Struktur dialektischer Begriffsentwicklung, in: Wandschneider, D.
(ed.), Das Problem der Dialektik. Bonn 1997,
114–169
Moderne Kunst – die nicht mehr schöne Kunst?, in: Mi Hak. The Korean
Journal of Aesthetics, Bd. 23 (1997), 207–225
Was stimmt nicht mit unserem Verhältnis zur Natur?, in: Fornet-Betancourt,
R. (ed.): Armut im Spannungsfeld zwischen Globalisierung und dem Recht
auf eigene Kultur: Dokumentation des VI. Internationalen Seminars des philosophischen
Dialogprogramms. Frankfurt/M. 1998, 58–69
Die phänomenologische Auflösung des Induktionsproblems im
szientistischen Idealismus der ‚beobachtenden Vernunft‘ – ein wissenschaftstheoretisches
Lehrstück in Hegels ‚Phänomenologie des Geistes‘, in: Vieweg,
K. (ed.), Hegels Jenaer Naturphilosophie. München 1998, 369–382
Das Problem der Emergenz von Psychischem – im Anschluß an Hegels
Theorie der Empfindung, in: Hösle, V./
Koslowski, P./ Schenk , R. (ed.), Jahrbuch für Philosophie des Forschungsinstituts
für Philosophie Hannover 1999, Bd. 10. Wien 1998, 69–95
Dialektik als Letztbegründung der Logik, in: Koreanische Hegelgesellschaft
(ed.), Festschrift für Sok-Zin Lim (Seoul). Seoul 1999, 255–278
[überarbeitete Fassung von: Dialektik und Letztbegründung]
Autonomy in Determinism. Beitrag zum XX. Weltkongress für Philosophie,
Boston 1998, Sektion Philosophische Anthropologie. Publiziert im Internet:
http://www.bu.edu/wcp/Papers/Anth/AnthWand.htm
1999
Scheitert das Projekt Künstlicher Intelligenz an Gödels Unvollständigkeitstheorem?,
in: Kerner, M./ Kegler, K. (ed.), Der vernetzte Mensch. Sprache, Arbeit
und Kultur in der Informationsgesellschaft. Aachen 1999, 119–136
Im Erscheinen:
Die Vernachlässigung des Funktionscharakters von Naturgesetzen
als Grund der Goodmanschen Paradoxie
Hegel und die Evolution
Warum Seelen und nicht Roboter? Über die Notwendigkeit seelischen
Seins im Zuge biologischer Evolution
Relativity and Absoluteness as Intrinsically Connected Moments of the
Principle of Kinematic Relativity
From the Separateness of Space to the Ideality of Sensation. Thoughts
on the Possibilities of Actualizing Hegel’s Philosophy of Nature
Über das Göttliche in der Natur. Das Theologie und Naturwissenschaft
Gemeinsame in philosophischer Perspektive
Ist das System der Fundamentallogik ohne das System der Fundamentallogik
rekonstruierbar?