Porträt: Harald Holz wird 70, aus: Wiener Jahrbuch für Philosophie XXXII (1999), 285-292.


Von allen Philosophen dieses Jahrhunderts, die Anspruch auf ein eigenes, originales Werk erheben, ist Harald Holz bei weitem der unbekannteste, und obwohl er seine Arbeiten so gut wie alle in deutscher Sprache verfaßt hat, wurde ihm im Ausland, ob nun in Südamerika oder Ostasien, mehr Anerkennung zuteil als im deutschsprachigen Raum. Die Gründe sind mehrfach: So stößt sicherlich sein Grundanliegen, eine Erneuerung des Denkens, wie es im ‚Deutschen Idealismus‘ seinen geschichtlichen Niederschlag gefunden hat, auf dem Problemniveau von heute zu leisten, d. h. im direkten Gegenüber jener Kernideen zur Gegenwartsthematik der modernen Wissenschaften wie auch zu der ihnen entsprechenden Lebenswelt: dies stößt weithin auf Unverständnis, da man sich angewöhnt hat, jene Ideen nur mehr historisch zu behandeln. Das Unverständnis wird noch größer, wenn man feststellt, daß Holz auf der einen Seite zur begriffs- und problemgeschichtlichen Untermauerung einen sehr weiten Bogen, insbesondere unter der Hinsicht einer Renaissance-Geschichte des Neuplatonismus, spannt, daß er aber auf der anderen Seite sich nicht scheut, von einem derartigen philosophischen Problembewußtsein aus sich unmittelbar mit der ‚Frontforschung‘ der Gegenwart einzulassen, seien es nun bestimmte Bereiche aus der Mathematik, der Kosmologie und Astrophysik, der Evolutionsbiologie, der Gehirn-Bewußtseins-Diskussion oder aber auch der Ethik und vergleichenden Geschichtsphilosophie. Dies alles zusammenzusehen, ist nach seinem Urheber nur möglich aus einem ungemeinen Zutrauen zur Vernunft; dabei ist sich Holz durchaus bewußt, gegenüber der heutigen Lage in Sachen Vernunft entweder als von Vorgestern oder aber als von Übermorgen dazustehen.

Geboren 1930 absolvierte Holz das zu seiner Zeit beste humanistische Gymnasium in Köln, trat einige Jahre nach Kriegsende in den Jesuitenorden ein, studierte dort - neben einer vorübergehenden Phase als Jugenderzieher - die üblichen Kurse in scholastischer Philosophie, sodann auch Theologie, und promovierte, nachdem er letztere abgebrochen hatte (und aus dem Orden ausgetreten war), 1964 bei G. Martin in Bonn über Jos. Maréchal, einen neukantianischen Neothomisten, wobei er H. Wagners Post-Neukantianismus als polare Position zu derjenigen Maréchals miterörterte. Als Assistent am neu gegründeten Lehrstuhl für mittelalterliche Philosophie der Universität Bochum habilitierte er sich 1969 über die Spätphilosophie Schellings; die Schrift erregte seinerzeit innerhalb der Schellingforschung ein gewisses Aufsehen, insofern von Holz einige ‚heilige Kühe‘ derselben mit jugendlichem Angriffsgeist geschlachtet wurden. - Allerdings wurde, aufs Ganze seiner Denkentwicklung gesehen, seine Position in der Folge mehr und mehr marginalisiert, weil er es damals schon ablehnte, sich in irgendeiner Weise einer der ‚großen Familien‘, wie er das nannte, auf dem philosophischen Markt anzuschließen. Als Lehrstuhlinhaber für philosophische Grundfragen der (katholischen) Theologie an der Universität Münster (Westf.) (1976), und Zweitmitglied des dortigen philosophischen Fachbereichs, innerlich schon in einem stets weiter führenden Emanzipationsprozeß von seiner weltanschaulichen Herkunft begriffen, begann er schon bald mit den, fast zwei Jahr-zehnte sich hinziehenden, zu ihrer Zeit in kleinstem Kreise ‚berühmten‘ Vorlesungen über die Geschichte der Metaphysik, angefangen von Hesiod bis zur Gegenwart, wo er z. Z. seiner Emeritierung (1995) anlangte. - Seine unter systematischem Aspekt sich stets ausweitenden Arbeiten gingen danebenher; sie entstanden sozusagen in einer rein privaten Forschungsatmosphäre. 

Es war so in den Münsteraner Anfangsjahren, daß das erste große und umfassende, rein sachliche, d. h. zugleich strikt systematische Werk von ihm zur oben genannten Thematik erschien: System der Transzendentalphilosophie, im Grundriß, 2 Bde. (1977). Dem Denkhabitus von J. G. Fichte nicht unähnlich, wie ein Holz Nahestehender es einmal formulierte, hat Holz in einer über viele Jahrzehnte reichenden Denkbemühung es unternommen, das so gut wie unübersehbare Panorama menschlichen Geistes, ob nun kultur- oder naturbezogen, von einem zentralen Orientierungspunkt aus unter höchstmöglicher Annäh-erung an die jeweilige ‚Sache selbst‘  vermittels des Rüstzeuges einer in ihren rezipierten Elementen von Aristoteles bis P. Lorenzen u. a. reichenden Formallogik und Methodologie in seiner sach-internen ‚Ordnungs-Dynamik‘  zu erkennen, genauer: dies ungeheure Gebiet ALS Ordnungs-Dynamik einzusehen. Ein derart gefaßtes Konzept von philosophischer Systematik - das war ihm schon sehr früh klar geworden - hing in seiner Tragfähigkeit somit ganz und gar von der kritischen und produktiven Rolle des Zentrums ab, aus dem dies ganze Unternehmen hervorgehen sollte. - Ein solches Zentrum stellte für ihn die biographisch in der Auseinandersetzung mit Nietzsches skeptizistischem Relativismus schon sehr früh (zu Beginn des lezten Kriegsjahres) gewonnene Evidenz der UNHINTERGEHBARKEIT DES SICH DENKENDEN GEDANKENS selbst dar. Es war noch vor seinen Pullacher Studienjahren, daß dieser Ansatz, den er später natürlich bei Descartes u. a. wiederfand, im Blick auf den aristotelischen Grundsatz der formalen Notwendigkeit des Widerspruchsausschlusses den Weg von einer quasi-solipsistischen ,Gewißheit‘ zur Sicherheit im Denken als solchen wie einer unmittelbar zugleich damit gegebenen Sach-Bezüglichkeit bahnte. 

Während seiner Promotions-, mehr noch in seiner Habilitationszeit ging es Holz dann u. a. um eine zureichende Formulierung - samt deren, damit koinzidierender, transzendental zureichender Begründung - dieser Kerneinsicht. Der negativen Formulierung der Traditi-on (bei Aristoteles selber immer noch am relativ besten ausgedrückt) mußte eine positive Formulierung voran oder wenigstens zur Seite gestellt werden. Holz fand sie schließlich im Grundsatz einer Identitäts-Logik des ‚Insofern‘: „Beliebiges X, insofern X, notwendigerweise X“. Indem er eine solche Bezüglichkeit nunmehr nicht ich-reflexiv - und damit jenseits des philosophiegeschichtlichen Programms einer (krypto-psychologistischen) Vergegenständlichung von Ichheit - interpretierte, sondern als schlechthin geltungserzeugend erkannte, war sowohl der erkenntnisreflexive Regressus in infinitum ausgeschaltet wie auch jeglicher dezisionistischen Setzung ein Riegel vorgeschoben wie auch der rein tautologische Zirkel einer petitio principii, welcher Art auch immer, vermieden. - Durch eine sehr einfache Umstellung des Negationsoperators ergab sich ferner, in unmittelbarer Nebenstellung, der Ausgangspunkt aller und jeder Kontingenz: „X, nicht insofern ein solches, ist nicht notwendigerweise ein solches.“  - Dem trat später als drittes Grundprinzip an die Seite der Grundsatz: „Alles, was sich vollzieht, d. h. ist oder geschieht, hat entweder einen ausschöpfenden oder hinreichenden oder (mindestens) notwendigen Grund.“ Dies zu bestreiten, unter welcher Hinsicht auch immer, verlangt selber einen dieser Gründe; andernfalls verläßt man den Bereich von Vernunft. So vertrat und vertritt Holz einen dezidierten Letztbegründungs-Standpunkt, wobei solche Begründung in reiner Form streng formal, d. h. gänzlich ungegenständlich sein muß. 

Mit der so errungenen Einsicht aber artikulierte sich besagtes Zentrum nun als in einer be-sonderen Weise RELATIONISTISCH: negativer und affirmativer Kernsatz verhielten sich als einander komplementär und ineinander überführbar. Zugleich erwies sich die Fundierung eben solcher Überführbarkeit, ALS Ermöglichungsgrund bzw. -bedingung, als gänzlich formal. - Eine unmittelbare Folgeeinsicht war die Relativität oder Zweitrangigkeit der traditionellen Universalien wie z. B. Sein, Etwas (Gegenständlichkeit), Einheit, Intellektivität (sachliche Intelligenz), Wert- bzw. Sinnhaftigkeit, Operativität (Wirken) usw. Dem voraus fungierte der Begriff oder die Idee ‚einer sich selbst bestätigenden‘ Geltung, Gültigkeit; m. a. W. war damit eine Letzt- als Selbstbegründung erreicht, welche in eleganter Manier alle hier sonst bekannten Schwierigkeiten zu unterlaufen erlaubte.

Genauer noch wies sich dieser Kernbereich, den Holz bis in die letzten Jahre nicht müde wurde, immer erneut einer kritischen Prüfung und Zuschärfung zu unterziehen als ein sachlicher Koinzidenzpunkt in modallogischer, intensionalistischer und transzendentaler Sicht. - „Modallogisch“ ist dies, insofern z. B. in den affirmativen Kernsätzen ein interner geltungskonstitutiver Bezug aus absoluter Beliebigkeit, Vollzüglichkeit (Performanz) und Notwendigkeit sich ursprünglich erstellt. M. a. W. was ansonsten als Endresultat formaler Logikentwicklung etabliert erscheint, wandert nunmehr in eine Stellung systematischer Erstrangigkeit. - „Intensional“ ist eine solcherart sich begründende Logik, insofern sich aus einer derartigen Ausgangsstellung Logiken entfalten lassen, die weder klassenbegrifflich noch mengentheoretisch verengt zu werden brauchen, sondern  z. B. den Begriff des Verhältnisses oder einer nicht-gegenständlichen  Bezüglichkeit sich zum vorrangigen Thema wählt. - Als „transzendental“ schließlich erweist sich dieser Begründungsansatz, insofern in der im Gesamt der Begründungssätze sich manifestierenden Wechselbezüglichkeit als solcher eine strikt formale, gänzlich vor- bzw. ungegenständliche Subsistenz als ursprünglich identifikativ gesetzt erscheint.

Die SICH SELBST (UR-) ZEUGENDE RELATION von - formaler, vor- bzw. übergegenständlicher - Geltung überhaupt, wie Holz auch formulierte, erwies sich als ein überaus fruchtbares Prinzip für vielfältigste Anwendungsperspektiven. Diese durch operative Evidenz sich ausweisende Innenstruktur resultierte übrigens in einem der nächsten Reflexionsschritte eine sich gewissermaßen emanierende und evasierende Ausweitung der betreffenden Evidenz-Struktur als eines erkenntnistheoretischen Primär-Instrumentars. Die üblichen Einwände vonseiten einer methodenmonopolistischen Sprachanalytik verfangen hier nicht. - Auf der anderen Seite ist Holz in einem weit gefächerten Interessenkonzept den sich hier anbietenden Möglichkeiten in den verschiedensten ‚Entwurfsrichtungen‘ nachgegangen: Eine eigene Konzeption von sich beliebig stufenweise entfaltender, auseinander ableitbarer  formallogischer Mehrwertigkeit (z. B. in der Philosophisch-logische(n) Abhandlung, 1974, und: Allgemeine Strukturologie, Entwurf einer transzendentalen Formalphilosophie, 1999) gehört hierzu ebenso wie eine Konzeption menschlicher Personalität als grundlegend relationaler Subsistenz (Philosophie der Liebe, 1995; Immanente Transzendenz, 1997; Der infinitesimale Kosmos, 1999) - entgegen der älteren ontischen Substanzialitätsauffassung wie auch entgegen einem rein empirischen Relationismus - wie auch ein Konzept des kosmologisch (und in diesem Sinne dann quasi-meta-physisch) Größten-Ganzen und seiner proportionalen Begründungssphäre, was die objektive Weltintelligenz anbelangt und wovon wir ein Teil sind (z. B. in: Evolution und Geist, 1981; Metaphysische Untersuchungen, Meditationen zu einer Realphilosophie, 1987; Vom Urknall zum Ich, 1997; Der infinitesimale Kosmos). – In den Jahren nach seiner Emeritierung wandte sich ein immer schon vorhanden gewesenes Interesse für na-turphilophische Themen insbesondere kosmologischen Fragen zu. Sein Bestreben ging und geht hier dahin, seinen philosophischen Gesamtentwurf im Blick auf ausgewählte zeitgenössische Frontforschungsthemen auf einer gewissen Tiefenebene der Reflexion gewissermaßen zu testen; wie er selbst zugibt, geht es hier allerdings nicht ohne das Wagnis einer gewissen Spekulation.
Eine in diesem gesamten Begründungszusammenhang stets mehr sich ausbildende Gewichtsverlagerung auf rein formale Blickwinkel der je betreffenden Themenkreise - Holz sah dies allerdings als eine Wesenseigenschaft des philosophischen Gedankens überhaupt - führte ihn schließlich auch zu einem Neuentwurf der Wechselbeziehungen zwischen Philosophie, als beanspruchter Kernwissenschaft, und Mathematik, als tatsächlich allgemeiner Modellwissenschaft; letztere freilich wurde von Holz in den Blick genommen unter der Rücksicht ihres systematischen Ermöglichtseins apriori, jedenfalls hinsichtlich eines methodologischen Zentralbereichs mathematischen Denkens. Seinen Vorschlag, Mathematik von einer Kernbegründungszone her sozusagen „morphologisch“ aufzufassen und zu fundieren, will er selbst als Arbeitshypothese verstanden wissen (so zuletzt in: Allgemeine Strukturologie, 1. Halb-Bd.).

Gefragt, ob seine Auffassung von Systematik nicht eine durch den sog. ‚Zusammenbruch des Deutschen Idealismus‘ längst ad absurdum geführte Donquichoterie darstelle, für die am Ende des 20. Jahrhunderts einfachhin kein Platz mehr in der Diskussionsrunde der Philosophen sei, lautet die Holzsche Antwort, daß man mit solcher Ansicht eine viel zu enge Auffassung von Systematik unvermerkt als die allein mögliche hypostasiere. (Man erkläre beispielshalber, um es modellhaft zu sagen, daß die einzige Art und Weise, wie sich im Tierreich calciumbestimmte Hartteile des Organismus ausbilden könnten, ein den ganzen Körper fest und unflexibel umschließender Panzer sei, wohingegen Flexibilität derartiger Organismen allein durch Strukturen nach Art der Weichtiere bzw. Hohltiere gewährleistet sei; dabei übersehe man völlig die in Gestalt der Wirbeltiere vorliegende Möglichkeit in ihrer inneren Zuordnung ursprünglich flexibler Organe, welche die Vorzüge sowohl der Mollusken wie auch der Krustentiere bzw. Gliederfüßer in sich vereinigten.) Ganz ähnlich verhalte es sich auch derzeit in der Philosophie. Wolle man dem allgemeinen Zeittrend zum Trotz optimistisch sein, so könne man das derzeitige weltweit herrschende Szenario der Philosophie als die Ratlosigkeit eines in seiner eigenen Enge sich verfangenden Denkens charakterisieren, das aber zugleich eigensinnig auf der allein seligmachenden Rolle seiner Problemdisposition beharre.
Auch der gelegentlich (einmal sogar, wie zitiert, in einem Buchtitel) verwendete Terminus ‚metaphysisch‘ meint nichts anderes als den Anspruchstitel einer Philosophie als Grund- oder Erstwissenschaft, wobei freilich alle historisch vorliegenden Beispiele als ideenevolutiv unzureichend verworfen werden. Auch den eigenen Entwurf sieht Holz im Bild einer (modelltheoretisch gesprochen) sich großgeschichtlich stetig mehr dem Limesziel als einer ‚Asymptote‘ zuwendenden unendlichen Annäherung, wobei freilich die ‚Intention‘ eben dieser letzteren durchaus eindeutig fixiert erscheinen mag. - Für eine solche Erstrangigkeit spricht seiner Ansicht nach das Argument, daß in den Wissenschaften wie lebensweltlich stets eine hinreichende Eindeutigkeit, sei es des Sach-, sei es des Entscheidungswissens grundlegend ist; anders gäbe es gar keine menschliche Lebensform. Als Bedingung der Möglichkeit solcher Eindeutigkeit aber, aus der Struktur eben solcher Eindeutigkeit selbst her, kann dann nicht Uneindeutigkeit fungieren, wie es bei einem hinsichtlich seiner Prinzipien grundsätzlich disjunktiven Pluralismus letztgültiger Stand-punkte der Fall wäre. Freilich gilt dies gänzlich formal; dies inhaltlich, z. B. gar als anti-demokratisch, mißzuverstehen, verriete bloß, daß man vom Holzschen Ansatz nichts verstanden hätte. 

Allgemein läßt sich der originale Zug von Holzens systematischem Philosophieren, in seiner Ausstrahlung vom Kern in die Peripherie, zusammenfassen durch die Stichworte: - 1. Logisch subsistente (Kor-) Relationalität, - 2. Konvertibilität der plural-korrelational sich verhaltenden Prinzipienbegriffe, - 3. ein Stufenreich des Apriorischen von formaler Absolutheit hin zum konkret Kontingenten sowohl hinsichtlich seiner Reichweite als auch seiner Geltungsstrenge, - 4. damit verbunden bzw. daraus resultierend die Idee des SPIELS als einer Grundfigur aller und jeder welthaften Intelligenz einschließlich des Grundentwurfs von Subjektivität und Individualität  (dies betrifft weiter auch und insbesondere die transzendentale Erklärung des sich durch Natur und Zivilisation hindurchziehenden Phänomens der ‚großen Zahlen‘ u. ä.), - 5. der systematische Einbau einer prinzipienmäßig gleichbereichtigt pluralistischen ebenso wie einer Einheits-Grundperspektive von Ganzheiten auf Prinzipienebene mit der Folge, daß sich z. B. jegliche Individualität als ursprünglich relational begreifen läßt, - 6. und vor allem die Einbeziehung einer grundlegenden und alldurchdringenden GRENZWERT-Dynamik, welche das Unendliche, sei es INFINITESIMAL, sei es TRANSFINIT, als konstitutives Moment auf die Weise einer ‚Logik der Grenzdynamik bzw. in diesem Rahmen: einer Logik des sich im Ungefähren Präzisierenden‘ einer jeden konkreten Wirklichkeit erscheinen läßt, - und 7. als Endergebnis schließlich das universal-operative Moment von Koinzidenz-Strukturen, die sich gleichsam als Ideal-Telos vorgenannter Grenzwert-Dynamik begreifen lassen.

Vor allem die hier aufgezählten Aspekte einer derartigen Prinzipien-Korrelation erweisen sich als die Basis einer außerordentlich ‚offenen‘ und ‚schmiegsamen‘ Systematik, die es erlaubt, weil nicht durch Konzepte gegenständlicher Prinzipien-Beschränkungen eingeengt, sich auf ein grundsätzlich nicht eingrenzbares Reich des Faktischen hin zu beziehen, um die in ihm jeweils verborgenen Konstitutionsgründe und -bedingungen unter mannigfaltigster Rücksicht sich der Erkenntnis öffnen zu lassen. - Auf solche Weise gelingt es Holz, eine Reihe von in der Tradition der sog. ‚Großen Probleme‘ in Sackgassen geratenen Fragen in gleichsam eleganter Art neuen Lösungen zuzuführen bzw. die mittlerweile oft schon als tradtitionsgehärtet angesehenen Antinomien oder Aporien zu unterlaufen: So erweist sich, um nur wenige Beispiele zu nennen, das letztmalig z. Z. des Neukantianismus breit verhandelte Problem einer ‚Brücke‘ zwischen Subjekt und Objekt als aus inneren Gründen zweitrangig und abgeleitet: Das ‚Nicht-an-sich‘ bedarf selber notwendiger und zureichender Bedingungen seiner Eindeutigkeit, die sowohl ‚Subjektivität‘ als auch ‚Objektivität‘ hintergreifen. - Oder das noch brennendere Problem von Geist und Materie - derzeit sich zuspitzend auf die Problematik der Beziehung zwischen (Selbst- und Ich-) Bewußtsein und Gehirn - gewinnt eine Fragedisposition, aufgrund deren sich ganz neue Lösungen abzuzeichnen beginnen: Interpretiert man z. B. die Gehirnoperationen nach dem mathematischen Modell des D-Quotienten in der Analysis und den Übergang zum Selbst- bzw. Ichbewußtsein, analog dem daran anknüpfenden Limes-Übergangs zum jeweiligen Infinitesimal-Formalismus dy/dx - wobei noch einige Zusatzbedingungen mit einzubringen wären (auf die hier nicht einzugehen ist) - , so ergäbe sich für das genannte Problem eine Lösung, die transphänomenalistisch und cisontologisch beide Seiten einesteils zu relativieren, anderenteils in einer ‚qualitativen‘ Kontinuität als in einem Dritten zu übergreifen vermöchte (vgl. dazu u. a.: „Datur tertium“: Über eine abduktive Dilemma-Vermeidung, anläßlich des Gehirn-Bewußtseins-Problems, erw. Vortrag Mai 1999 in Jena, gedr. Im: Wiener Jahrb. f. Philos. 2003). - Schließlich dürfte das genannte Prinzipientheorem für das Gesamt einer Evolutionstheorie ein methodologisches Potenzial darbieten, das im ersten Ansatz den Schritt von einem rein philosophischen Entwurf schon zu einer spezifizierteren Metatheorie hinter sich gebracht hätte. Auch der Begriff des ‚teleologischen Feldes‘ als ein Netz möglicher Spielzüge aufgrund eines je relevanten Regelsystems, wobei die einzelnen Aktionen erscheinungsmäßig zufällig ausschauen und dennoch optimierungs-orientiert fungieren, gehört in diesen Bereich (hierzu s. nochmals: Evolution und Geist; Metaphysische Untersuchungen; und: Vom Urknall zum Ich).

Es wäre nun ganz falsch, Holz für einen rein theoretisch ausgerichteten Typus von Philosophie allein zu reklamieren. Denn der Entwurf einer prinzipienhaft (ebenso wie ein-heitlich) plural konzipierten Wirkensganzheit in Verbindung mit fundamentalen Spiel-strukturen dergestalt, daß sich in einem relativen Optimierungsbereich mit je größerer An-näherung an das Optimum zugleich direkt proportional eine Vielheit von Gleichmöglichkeiten zu handeln bzw. zu wirken artikuliert: Ein solcher Entwurf läßt zwar dann folge-richtig insgesamt im Bereich von ‚Handlungen im teleologischen Feld‘ auch das statistisch Unwahrscheinliche bzw. Regel-Ungemäße grundsätzlich als apriori gleichberechtigt zu (nochmals s. dazu bes.: Metaphysische Untersuchungen). Doch gewinnt das solcherart ausgearbeitete Schema auch und gerade im Bereich menschlichen Handelns seine Relevanz. - Und so weist denn eine weitere Arbeitsrichtung von Holz auf die praktische Philosophie hin. Auch hier werden die älteren Disjunktionen von normativer, teleolo-gischer, utilitaristischer oder sensualistischer Ethik hintergriffen zugunsten einer Handlungstheorie menschlich ursprünglicher SINN-Haftigkeit, die es sachzugleich erlaubt, sowohl das Ziel existenzialer Selbsterfüllung als auch dasjenige interpersonaler Wertsetzungen in Gestalt von Handlungen nach dem Maßstab einer auch für Mentalitäten geltenden ‚Goldenen Regel‘ wahrzunehmen (Fundamentalhumanismus, 1990; und nochmals: Philosophie der Liebe; Der infinitesimale Kosmos). 

Die von Holz schließlich als Gesamtcharakteristik seines Entwurfs auch verwendete Benennung STRUKTUROLOGISCH erschließt in der Konsequenz noch ein weiteres Anwendungs- bzw. Deutungsfeld in Gestalt einer komparatistischen Hermeneutik, aufgrund von deren Ansatz unter dem Titel von Textlichkeit verschiedenartigste Objekte betreffs bestimmter ausgewählter Formalgehalte sich metasemantisch bzw. strukturanalytisch (oder eben: ‚strukturologisch‘) als gleich bzw. formalidentisch begreifen lassen. Dies hat Holz teils unter rein systemvergleichenden Rücksichten im weiten Bereich der Philosophiegeschichte an ausgewählten Beispielen, auch im Verlauf der anfangs genannten Vorlesun-gen, verifiziert, teils aber auch im Wechselbezug verschieden gearteter Lebensbereiche, nach dem Vorbild M. Webers, hinsichtlich ihrer einen gleichen ‚Sinn‘ ermöglichenden Strukturen wie z. B. Religion, Wirtschaft, Politik, Philosophie und Kunst (z. B. in der: Anthropodizee, 1982; und: Geschichte als Sinnprozeß, Erkrankungswege und Heilungschancen, 1997) durchgespielt; erwähnt werden sollen hier als weiteres Beispiel auch noch seine Interpretationen europäischer und chinesischer Philosophie (Ost und West als Frage strukturologischer Hermeneutik, 1998) wie auch Malerei (im, noch ungedruckten, Aufsatz: Allwesen und Unendlichkeit: Vergleichend-hermeneutische Überlegungen zur Landschaftsmalerei Chinas und Europas mit Blick auf zugrundeliegende Philosopheme). 

So könnte man in diesem Zusammenhang in der Tat von einem gänzlich unzeitgemäßen Titanismus der Vernunft bei Holz sprechen, hat er es doch gewagt, seine Systemkonzeption an mannigfachsten Sinnlinien der Wirklichkeit auszugestalten und zu erproben: Nicht nur, daß er einen neuen Ansatz von formaler Logik vorlegt: in modaler Selbstbezüglichkeit, wie auch der Kerndisziplin der Mathematik: als Vorschlag einer von besagter Logik sich ableitenden Relationstheorie ursprünglicher Proportionalitätsmodi, in deren Durchführung dann u. a. ein Großteil der altbekannten Paradoxien sich als Scheinprobleme enthüllen wie auch z. B. die Gödelschen Unentscheidbarkeitstheoreme in ihrer Geltung eingegrenzt werden: Nicht nur dies, sondern Holz unterfängt sich auch, die etablierten Weltanschauungen - in Gestalt der Großreligionen und -ideologien (wobei z. B. der Neo-Empirismus oder Neo-Irrationalismus bei ihm auch je als eine solche Großideologie figurieren) einer grundlegenden Kritik zu unterziehen. - So hat einer der wenigen Kenner seiner Philosophie bei ihm in seiner späteren Münsteraner Zeit als von einer Phase einer weitgreifenden „Ersetzungsarbeit“, nämlich der christlichen Gehalte, gesprochen. Holz selbst sah nach Einsicht in die sachliche Unhaltbarkeit z. B. der christlichen, aber auch der übrigen etablierten Großreligionen und -ideologien die Herausforderung darin, in seiner philosophischen Arbeit die Grundlagen eines autonomen, den Menschen sich zu „sich selbst ermächtigenden“, wie derselbe Kenner es einmal formulierte, Humanismus zu legen; oder wie Holz selber es in einem seiner Bücher ausgedrückt hat, das pubertäre Gestammel eines Nietzsche endlich auf das Niveau des Erwachsenseins zu bringen (so jüngst noch in: Die Suche nach Fortschritt, Der Kampf der Kulturen als Kamp um Vernunft in der Geschichte, Münster/Hamburg/London 2003). - Gleichwohl ist das menschliche Individuum, die menschliche Person nicht, wie man es bisher in der spekulativen Tradition zu fassen gewohnt war, aus dem ‚Allgemeinen‘ einer menschlichen Natur usw. ‚ableitbar‘; vielmehr sind die Konstitutionselelemente und -momente prinzipiell so unüberschaubar vielfältig, daß de facto für die empirischen Subjekte sich niemals im einzelnen eine derartige ‚Ableitung‘ exakt bewahrheiten können wird. Anders gesagt, faktisch ist die Autonomie des Einzelnen grundsätzlich uneinholbar. Und so tröge der Anschein, als ob das Einzelne, Individuelle, Jeweilige trotz des oben erwähnten Theorems des Regel-(Un-)Gemäßen insgesamt in diesem Philosophieren zu kurz käme. - Umgekehrt freilich ergeben sich auch für hochbrisante Fragen einer Extrem-Moral, z. B. der Euthanasie u. ä., unter Berücksichtigung einer relationistischen Subsistenz-Anthropologie durchaus neue Lösungsansätze, die manche weltanschaulichen Sackgassen zu vermeiden erlauben, ohne die Menschenwürde dabei in Zweifel zu ziehen. - So steht Holz in seiner grundsätzlichen Position durchaus auf dem Boden einer (nicht erst) bei Sokrates einsetzenden langen Überlieferungslinie, die mit den verschiedenen Aufklärungsschüben noch nicht ihr Ende gefunden hat. Als Namen könnte man der bei ihm zu findenden Ausprägung geben: Pan-Humanismus bzw. umfassender: Pan-Hen-Deismus.
Letzteres wird von ihm in einer seiner jüngsten Veröffentlichungen (Die Suche nach Fortschritt) so verstanden, daß die Rede von einem Gott oder einer Gottheit zwar sinnlos ist, wohl aber als weltinseitig die Welt im Ganzen und jedes Weltstück im besonderen einen Aspekt von Göttlichkeit beinhaltet; dies Göttliche verhält sich in seiner Prinzipienleistung zu Welt und Weltmomenten gleichsam nach einem Muster des ‚Gesetzes der großen Zahl‘: im einzelnen ist eine derartige – weniger effiziente denn formalursächliche - ‚Affizierung‘ grundsätzlich und immer unerweisbar, im Ganzen verweist Vieles, wenn nicht Alles auf einen immanent-transzendenten Grund. Allerdings muß dieser, an und für sich selbst betrachtet, unter allen wirklichen und möglichen Rücksichten als nicht-anthropomorph gedacht werden. 

Will man schlußendlich eine Gesamtcharakterisierung, so geht man wohl nicht fehl, wenn man die schöpferische Erneuerung des Deutschen Idealismus, wovon zuvor hier als dem Kernziel des Holzschen Philosophierens die Rede war, nicht primär auf Kant, sondern auf Leibniz als geheimem Ahnvater besonders Hegels, und die hinter diesem stehende Tradition, bezieht. Holz selber hat einmal einem Freund erzählt, lange Jahre habe die denkerische Gestalt von Leibniz - nicht als historisch-sachlicher Anknüpfungs- und Nachfolgepunkt, sondern - als eine Art von intellektuellem Sympathietypus ihm vor Augen gestanden. Mit den Jahren der Ausarbeitung des eigenen ‚Systems‘ wandelte sich dies dann: andere Namen traten als assoziative Leitfiguren abwechselnd in den Vordergrund, so z. B. schon sehr früh Plotin und die neuplatonische Tradition, dazu aber auch Demokrit/Epikur, dann Nikolaus von Kues - die Scholastik in den beiden Hauptvertretern Thomas v. Aquins und des Johannes Duns Scotus trat demgegenüber stetig mehr in den Hintergrund - , dann auch Ch. S. Peirce, den er von der ganzen angelsächsischen Tradition weit vor allen anderen schätzte, - und schließlich die Vertreter der modernen Wissenschaft: Bei all diesen und noch anderen ‚Einflüssen‘ war und blieb Holz doch grundsätzlich ein EINZELGÄNGER, der viele seiner Einsichten sich durch Selbstdenken erarbeitete und sie dann z. T. durch andere bestätigt sehen, z. T. aber auch eben diese anderen korrigieren konnte. - Als Charakteristikum seines Denkstils kommt hinzu eine netzwerkartige Wechselverwiesenheit vieler Gedankenstränge, die es dem Erstleser nicht gerade leicht machen, die aber nach Überschreiten einer gewissen ‘kritischen Schwelle’ dem hartnäckig Neugierigen mannigfache Quer-Durchblicke eröffnen. 
Intellektuelle Moden waren die Sache von Holz niemals. Daß er sich mit dieser Einstel-lung schließlich zwischen alle etablierten Stühle gesetzt hat, dürfte im übrigen evident sein. Insbesondere das Odium des ‚Metaphysischen‘ in einem sog. nachmetaphysischen  Zeitalter - ein japanischer Kollege hat Holz einmal den buchstäblich „letzten Metyphysiker“ genannt - mußte im Rahmen des neudeutschen Zeitgeist-Konformismus tödlich sein: Auch wenn Holz selber die historische Metaphysik als definitiv vergangen und nicht wiederbelebbar ansah, vielmehr unter dem Begriff eine in die Zukunft weisende grundfragende Theorie des Transsensuellen, Transphänomenalen, Transempirischen, aber auch des Kontra-Irrationalen begriff, - daß er Hume als unzureichend, Nietzsche als zweit- bis drittklassig, Heidegger als stärkstens überschätzt und Wittgenstein als beinahe maßlos einseitig einschätzte - : Dies wurde ihm nicht verziehen, wenn man so etwas denn überhaupt zur Kenntnis nahm. So gelangte Holzens Philosophieren in die Lage, nicht einmal totgeschwiegen werden zu müssen.
Noch einmal tiefer betrachtet aber repräsentiert Holz zum gegenwärtigen Epochenverständnis von Philosophie einen Gegentypus derselben: Mit dem Zusammenbruch der allermeisten Fundamente der traditionellen philosophischen Disziplinen, seien es nun ‚Ontologie‘, ‚Erkenntnistheorie‘, ‚Ethik‘, ‚Anthropologie‘, ‚Naturphilosophie‘ usw. und natürlich auch ‚Metaphysik‘, überantwortet er sein  Denken NICHT dem Grundmerkmal von Zeit-Gründigkeit bzw. Geschichtlichkeit und wird nicht zum zeitgeistüblichen Ideenhausierer, sondern stößt wie ein Ideen-Archäologe durch die brüchig gewordenen Schichten hindurch vor zu tieferem, festerem Gestein. So steht sein Denken für all das, was die herrschende Zeitgeistphilosophie unter mannigfachsten Aspekten in Abrede stellt: Wiedergewinnung und Befestigung des Menschen und seiner Menschlichkeit vor dem Hinter- und Untergrund einer systematischen Neufundierung, welche die neuesten Erkenntnisse der sog. Frontwissenschaften mit heranzieht, seien letztere nun Logik, Natur- oder Kulturwissenschaften. Als Dreh- und Angelpunkt aber genau dieses Unternehmens erweist sich eine umfassende, sich selbst begründen könnende Vernünftigkeit, die sich von ihren vielfachen Mißdeutungen, die heute im Schwange sind, als in der Sache unbetreffbar zeigt.